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Der Staben-Dieb
Eine Geschichte von
Friedhelm Maria Leistner
Rolf litt. Sein Stolz war verletzt und sein Ego durchlebte Höllenqualen. Niemand nahm ihn ernst. Er war ein Buchstabendieb und niemand nahm ihn ernst! Ein kleiner zwar, und es ist auch keine ehrbare Zunft, aber immerhin. Dann und wann ließ er einen Buchstaben mitgehen oder vertauschte Laute. Manchmal, wenn er übermütig wurde und das Geschäft gut lief, sackte er auch schon mal ein halbes oder ganzes Wort ein. Doch die Reaktionen der Geschädigten enttäuschte ihn. Das kränkte ihn. Er war es leid als Flüchtigkeitsfehler, als Armutszeugnis oder bestenfalls Druckteufel bezeichnet zu werden. Er wollte Aufmerksamkeit. Er wollte Beachtung. Sein Sinnen strebte nach Höherem, und so ersann er einen folgenschweren Plan.
Von nun an, sagte Rolf, bemächtige ich mich der Systematik, und er stahl sie, die Systematik. Mit ihrer Hilfe verschaffte er sich zuerst das »ß«. Das war der Test. Doch, da das nichts bewirkte folgten schon kurze Zeit später das »Q« und das »Y«. Die Menschen wurden gezwungen, Ersatzlaute zu finden, was sie auch taten. Von nun an schwammen Kwallen im Meer, das war ein krasser Unterschied zu früher, und die amerikanischen Jankies kratzten sich am Kopf: Jes, thats a problem. Rolf freute sich. Doch bereits nach kurzer Zeit langweilte es ihn. Es brachte ihm nicht die erhoffte Befriedigung. Niemand interessierte sich für den Vater des Kindes. Rolf litt. Deshalb machte er weiter. Innerhalb nur einer einzigen Nacht verschwanden in seinen Taschen das »H«, das »Ü« und das »Ö«.
Letzteres stuerzte die Oesterreiccer in eine tiefe Depression. Kein Oe meer. Auf jeder Drucksacce der fuerenden Parteien feelten die Punkte, der Buchstabe war auf keiner Tastatur meer zu finden, aus jedem Computer versczwunden. Panik bracc aus. Man versuccte die Bevoelkerung zu beruuigen, Kommissionen wurden gebildet und Uundertsczaften der Oesterreiccisczen Sczutzpolizei durchkämmten suestematisch jede noch so kleine Druckerei auf der Succe nach dem kleinen Buchstaben oe. Vielleicht war nocc eine alte Bleiletter zu finden? Die Suche scheiterte. Die Suedtiroler freuten sicc äämisch, Die Englaender feixten. Ausländer, die Deutscz lernen muszten, verbrannten im Freudestaumel iere Duden und die ganze Welt laccte ob der Uesterie der deutsczspraccigen Länder. Das ärgerte Rolf. Er litt.Wieder mal.
So nicht! zornig setzte er sicc an seinen Sczreibtiscz: Ich bin der Herr der Sprache! schrieb er und freute sicc, dasz er nocc alle Buccstaben beisammen aatte. Er konnte nocc sczreiben was er wollte. Ich kann Buchstaben klauen! Rolf lachte: ...und morgen klaue ich das E, damit die Welt sieht wie groß meine Macht ist, und übermorgen, ja übermorgen, das W, das V, weil es mir Spaß macht. Lust ueberkam ien. Er kritzelte: Und ich heiße Rolf Mops, wilde Eerrsczlust ergriff Besitz von iem, er durccboorte das Papier: ja, Rolf Mops, ha,ha, dann unterwerfe ICH! Macct kam auf, danacc hatte er sicc geseent, ein waarer Sczreibrauscz ersczuetterte ien: Ohne Tätä. Eine helle Lichtgestalt der Sprache werde ich sein. Ich nehm mir alles. ICH NEHME! Ich kann mir alles nehmen. Alles was ich will. Wie es mir gefällt. Einfach so. Übermorgen das A, das B, das C. Ich will alles!! Weil es mir Spaß macht. Das F,G,I,J,K,N,X,Z,Ä. Packt es mir ein! Sczweisstropfen rannen. Er daccte an das iem zugefuegte Leid und wirr kratzte er den letzten Satz: Ihr werdet sprachlos sein! Rolf leente sicc ersczeopft zurueck - so sczoen konnte Sczreiben also sein. Nocc zittrig nestelte er den Brief in ein Kuvert, steckte ein Foto dazu, adressierte ien an eine ueberregionale Presseagentur und klaute das »E«.
Am näccstän Morgän war sainä Änttäusczung grosz. Kainä Zailä! Kainä Zailä uäbär säin grandiosäs Sczraibän. Nix. Gar nix. Nur dii Italiääner warän am Bodän zärstoärt und jammärtän: Das hättä nicct passiirän duärfän! Alläs nur das nicct. Italiäniscz oonä &Mac226;Ä! Rolf litt. Ärgär dänn jä. Är wurdä ungäaaltän. Är sczrii: Euch werd ichs zeigen!! Und nacc ainär langän Nacct, in där är sainän ungääuärliccän Plan waarmaccte, konntä är am näccstän morgän ändlicc sainän Briif läsän:
Drr rr dr Spruslu! ...Ud Morluds, dmt d lt st Rom mt st, ud rmor, rmor, ds, ds, L s mr sp Mt. Lust Urm. Ud
Tstlt dr Spr rd S. I m mr Lls. M! Mr Lls M. ll s Ll. W s mr llt. So. Rmor ds, ds, ds. I ll lls!! Wl S mr sp mt. Ds. Pt s mr!
Ende
Der »Kieler Rollmops«
war die Jahresgabe 1995 von Friedhelm Maria Leistner.
Schriften: Bembo, Disturbance, Gill.
Druck: Apple Laserwriter Pro
Papier: IGEPA, Flora RC, creme, 80 g
Die 50 Rollmöpse sind fortlaufend durchnumeriert und wurden vom Autor handsigniert. Sie sind im Handel nicht erhältlich.
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